Montag, 28. Mai 2018

Auf zu den Velodromen! - Teil 2

Fortsetzung von "Auf zu den Velodromen! - Teil1": https://ride53.blogspot.com/2018/05/auf-zu-den-velodromen-teil1.html

In Trofaiach angekommen durfte ich mich meiner durchnässten Kleidung entledigen und mein Gastgeber reichte mir ein Bierchen als Willkommenstrunk. Den Tourenrenner konnte ich sicher in einem Trockenraum unterbringen. Nun hatte ich 170 Km hinter mir und noch geschätzte 250 vor mir, um Novo Mesto zu erreichen. Mein Plan war diese 250 Km gemütlich auf zwei 125 Km Strecken aufzuteilen, um dann in Novo Mesto am späten Nachmittag noch Zeit zu finden das Velodrom zu besuchen. Trofaiach ist eine kleine Stadt mit keinen großen Betrieben, die Stadt tut aber einiges, um sie besonders lebensfreundlich zu gestalten, weswegen großer Zuzugsdrang aus den umliegenden Regionen herrscht. Wir besuchten am Abend noch das Cafe Charivari, eine Mischung aus Linzer Aquarium und Extrablatt, im Zentrum von Trofaiach, wo wir plaudernd den Abend ausklingen ließen.

Über Nacht hat es sich richtig eingeregnet und die Wettervorhersagen waren ernüchternd. Regen, Regen, Regen. Nach dem Frühstück packte ich mich in meine lange Fahrrad-Panier, verabschiedete mich von meinen Gastgebern und startete um acht Uhr hinaus in den kalten Regen Richtung Slowenien. Über Traboch gelangte ich zum Murtalradweg von wo ich dann über Zeltweg, Obdach, Wolfsberg bis an die Slowenische Grenze wollte. Nur war ich nach 20 Km bereits so vom Regen durchgeweicht, dass ich gezwungen war nach einer Lösung zu suchen, wo ich mich umziehen und meine Sachen trocknen könnte. Wie weit sollte ich überhaupt kommen? Vor mir hingen die schwarzen Regenwolken tief und es war kein Loch im Himmel zu entdecken, durch welches die Sonne hätte lächeln können. Ich überlegte, ob ich nicht eine Rot Kreuz-Station aufsuchen sollte, um mich dort wieder einigermaßen in Form zu bringen. Ich bin keine 40 Km gefahren, kurz vor Knittelfeld, da rief mir eine Frau vor einem Geschäft zu, ob sie mich wo hinbringen könne, weil so kannst du nicht weiterfahren, da wirst du krank! Sie kenne sich aus, sie war selbst Rennradfahrerin. Sie schlug vor, mich nach Knittelfeld in ein Hotel zu bringen, wo ich erst mal abwarten solle, denn das Wetter würde nicht besser werden. Dieses kleine Zusammentreffen ließ mich einlenken und da Knittelfeld nur mehr einen Kilometer vor mir lag, fuhr ich noch selbst dort hin um mir ein Zimmer zu suchen. Bevor ich aber eincheckte bog ich noch kurz zum Bahnhof ein, um mich über eventuelle Zugverbindungen nachhause nach Linz zu erkundigen, denn das Wetter sollte nicht besser werden. Ich telefonierte in der Schalterhalle mit meiner Frau Evelyn, dass ich wahrscheinlich abbrechen müsse, weil es unter diesen Umständen kein ordentliches Weiterkommen gäbe. Sie riet mir einfach mal ins Hotel zu fahren und den morgigen Tag abzuwarten, was ich fröstelnd und allzugern befolgte. Kurz vor Mittag hatte ich im Zentrum von Knittelfeld im fahrradfreundlichen Paul's eingecheckt, das Rad sicher im Keller abgestellt und am Zimmer begonnen mit dem Föhn meine Sachen zu trocknen. Ich rastete mich richtig aus, schlief am Nachmittag und beobachtete online die Wettervorhersagen, während draußen der Niederschlag langsam schwächer wurde. Dieser Dienstag der 15. Mai hat mich einigermaßen in meinen Plänen zurückgeworfen. Wenn ich halbwegs in der Zeit bleiben wollte, um am Mittwoch noch Novo Mesto zu erreichen, blieb es mir nicht aus über 200 Km zu radeln. Ich checkte mittels Google Maps und dem neuen Garmin-Navigationsgerät die gesamte vor mir liegende Strecke nach Fixpunkten, welche es zu durchfahren galt und schrieb sie mir auf einen Notizzettel, welcher mir dann als Grobnavigation, befestigt auf dem Lenker, dienen sollte. In einem Regionalblatt war am Titelblatt zu lesen, dass es in Teilen der Steiermark Überflutungen gab. Mich wunderte nichts mehr.

 Am Morgen des Mittwochs zog ich zuerst die Vorhänge in meinem Zimmer zur Seite, um zu sehen, wie es um das Wetter stand. Es nieselte ein wenig und die Wolken verkeilten sich noch immer ineinander. Aber es war besser als am Vortag! Ich eilte in den Frühstücksraum, schlang Kaffee und Brötchen in mich rein und checkte aus dem Hotel aus. Pünktlich um acht Uhr startete ich mit vollem Gepäck Richtung Zeltweg. Schien es Richtung Süden blickend doch etwas bedrohlich was das Wolkenaufkommen betraf, so blinzelte mir dann doch immer wieder die Sonne ein wenig ins Gesicht. Bei Zeltweg ging es dann über Obdach bis nach Wolfsberg, wobei hier teilweise ganz gute Radwege angeboten werden, die einen durch Wälder und über Schotterwege führten. Kurz vor Wolfsberg war die Beschilderung der Radwege nicht ganz eindeutig und ließ mich sinnlos im Kreis fahren. Doch rollte ich noch vor Mittag durch Wolfsberg und weiter entlang der Lavant bis nach Lavamünd, wo ich am Stadtplatz eine einstündige Mittagspause bei Frankfurter Würstel, Eis und Kaffee genoss. Jetzt kam auch die Sonne durch. Ich erkundigte mich im Gasthaus, ob sie wüssten, wie denn das Radwegnetz in Slowenien beschaffen sei, aber man wusste dort nicht viel darüber. Proviant besorgte ich mir noch im Supermarkt, ebenfalls gleich am Stadtplatz, bevor ich mich auf das Rad schwang. Neugierig rollte ich Richtung Grenze. Die österreichischen Grenzposten winkten mich durch, auf slowenischer Seite waren keine Grenzbeamten zu sehen.

Fesch schaute es aus in Slowenien! Es kam gute Stimmung in mir auf, hatte ich doch bereits 100 Km hinter mir und sollten es in etwa nur noch 120 Km bis Novo Mesto sein. Bei einem Schnitt von immer ein wenig über 20 km/h sollte ich um ca. halb acht Uhr abends dort angekommen sein, rechnete ich mir aus. Die gute Stimmung wurde jedoch gleich eine Spur getrübt, weil ich bis Mislinja starken Gegenwind hatte, bevor ich in windgeschützteres, bergiges Gebiet kam. Meine Notizen schickten mich dann über sanfte Anstiege rauf nach Vitanje. Ab und zu waren kleine, steile Stiche in der Strecke, welche mir mit meinem Tourenrenner keine größeren Probleme bereiteten. Nach Vitanje konnte ich eine lange, landschaftlich wunderschöne Abfahrt genießen. Arbeiter saßen mit rußigen Gesichtern vor ihren kleinen Schlossereien und Schmieden und machten Feierabend, schroffe Felsmauern begleiteten mich an den Seiten des Fluss' Hudinja bevor ich raus, weiter nach Celje rollte. Celje wirkte groß und umtriebig. Leider ging sich kein Zwischenstopp aus, vielleicht beim nächsten Mal. Mit dem Frühabendverkehr trieb es mich bis nach Lasko, dorthin von wo auch das bekannte Bier stammt, das mit dem Gaisbockkopf drauf. So einladend auch Lasko auf mich wirkte, ich musste weiter, denn bald fing es an zu dämmern. Im Kopf ging es mit meinen Gedanken schon hin und her, ob ich es noch bis nach Novo Mesto schaffen könne, oder ich mir gleich eine Unterkunft suchen solle?
Mein Navigationsgerät deutete mir, dass es nur mehr 30 Km bis nach Novo Mesto seien. Mit dieser Information konnte ich leben, da es ca. halb sieben am Abend war, und ich nach meinen Neukalkulationen mittlerweile um 8 Uhr am Ziel sein könnte, ohne noch extra die Lichter zu montieren. Einmal steuerte ich noch eine Tankstelle an, um mich mit Getränken zu versorgen. Ich fragte den freundlichen Kassier, wie weit es den seiner Ansicht noch sein könnte? Oh it is a long distance, 60 Km?! Geschockt nahm ich seine Auskunft zur Kenntnis, verdrängte sie und vertraute auf meine Notizen und Geräte. Nach wenigen Kilometern wurden meine Pläne bestätigt, die Orte Hotemez, Krmelj, Sentjanz und Mokronog kündigten sich über Wegweiser an. Kurz kam Erleichterung auf, nur handelte es sich um ein Strecke, die mich abends von den schattigen Tälern nochmal in steile sonnenbestrahlte Hänge schickte. Ich rechnete ab diesem Zeitpunkt mit allem! Lächelnd nahm ich die steilen Flanken in Kauf und freute mich umso mehr, nachdem ich oben angekommen war, versteckte Dörfer durchradeln durfte. Schmale Straßen führten mich dann runter nach Mokronog. Ein kleiner, zusammengeräumter Ort mit einem Wappen, welches sich mir einprägte: Eine Fußsohle mit Zehen von unten betrachtet, dem gegenübergestellt sind blaue Trauben, ein Weinblatt und ein Schlüssel. Der Anblick des Wappens dürfte mich verunsichert haben, da ich im Zentrum von Mokronog (dt. Nassefuß) damit konfrontiert war, das mich das Navigationsgerät nach rechts geschickt hätte und der Wegweiser nach links. Ich drehte verzweifelt unnötige Runden im Ort, als ich bei einem Geldautomaten einen jungen Familienvater fragen konnte, was der richtige Weg wäre. Im auf ihn wartenden Auto saßen seine Frau und seine Kinder drückten sich auf den Scheiben ihre rotzigen Nasen platt. Er dirigierte mich mit weitausholenden Handbewegungen und nettem Deutsch um die Kirche, wo der Weg nach links Richtung Novo Mesto führte. Die letzten Hügeln nahm ich mit einem Tempo als würde ich mich auf den letzten Kilometern vor meinem Zuhause befinden, wobei es mir nicht ausblieb doch noch die Lichter zu montieren. Die abendliche Luft war feucht und der Verkehr ließ erkennen, dass eine Stadt in der Nähe lag. Um 20 Uhr 40 erreichte ich die Ortstafel von Novo Mesto! Nach der Tagesdistanz von 235 Km konnte ich die Versäumnisse durch den Regentag zuvor wieder reinfahren und so meinen Zeitplan halbwegs treu bleiben. Nur die Radrennbahn zu besuchen, ging sich an diesem Abend nicht mehr aus.

Stay tuned for Teil 3!

Freitag, 25. Mai 2018

Auf zu den Velodromen! - Teil1

Bevor ich mich am 8. August auf meine große Tour @ride53 begebe, wo ich in 53 Tagen an die 5000 Km vor mir habe und soviel wie möglich an Informationen über Europäische Radbahnen und Velodrome sammeln möchte, ist es natürlich im Vorfeld unerlässlich sich zumindest einmal einem Test zu stellen. In meinem Fall plante ich eine Fahrt von ungefähr 850 Km mit meinem Hrinkow-Tourenrenner in sechs Tagen von Linz nach Novo Mesto, Slowenien und retour zu fahren. Vor dieser Tour hatte ich bereits einige Kilometer in den Beinen und ich fühlte mich grundsätzlich dieser selbst gestellten Aufgabe gewachsen, konnte ich doch auch über den Winter bei Kieser Training in Linz meinen Muskelapparat in Schuss bringen, soweit dies bei einem 47-jährigen eben noch möglich ist. Geplanter Start für den Test war Montag der 14. Mai. Das Wochenende zuvor war zermürbend, da wir meinen lieben Freund und künstlerischen Weggefährten Harald Huckey Renner zu Grabe tragen mussten. Viel zu früh ist er im Alter von 51 Jahren von uns gegangen. Ich durfte ihm zum Abschied noch ein T-Shirt unserer Gino Bartali Tour von Linz zur Befreiungsfeier nach Mauthausen zu seiner Urne ins Grab legen. Huckey, Mitglied unseres Vereines Velodrom Linz, sagte bei einem unserer letzten Telefonate, dass er noch liebendgerne bei der Befreiungsfeier am 6. Mai mit dabei gewesen wäre. Am 1. Mai 2018 schloss er seine Augen.
Den Tag vor dem Start nutzte ich um meine Ausrüstung vorzubereiten. Freunde unterstützten mich bereits im Vorfeld mit diversen Hilfsmittel, wie einer GoPro-Kamera, einem Garmin-Navigationsgerät oder einer Rahmentasche für einen Teil meines Gepäcks, wobei diese auf meiner Tour auch getestet werden wollten. Ich beschloss mit zwei Garnituren Radgewand mich auf den Weg zu machen. Eine trug ich während der Fahrt, die zweite verstaute ich in der Rahmentasche. In der hinteren Satteltasche verpackte ich Kleidung, wie ein T-Shirt, eine Sporthose, eine leichte Jacke und Sneakers. Wichtig und nicht zu vergessen waren kleine Werkzeuge und die Toilettsachen, besonders die Baby-Wundcreme für meinen Allerwertesten. Grundsätzlich, so scheint mir, liegt in solchen Vorbereitungen eine eigenartige Stimmung in der Luft, wird man das Haus doch für einige Tage verlassen und kann den Ausgang der Tour noch nicht fassen. Ein wenig haderte ich mit mir selbst, fahr ich morgen wirklich weg? Man ist fokusiert und nimmt seine Umgebung während der Vorbereitungen nur mehr schemenhaft wahr. Irgendwie hätte ich darauf gewartet, dass mich meine Familie darum bittet es mir doch noch mal zu überlegen und lieber zuhause zu bleiben, aber ich dürfte einigermaßen entschlossen gewirkt haben. Neben der ganzen Einpackerei kontaktierte ich noch Bogdan Fink von der Radrennbahn in Novo Mesto, ob er eventuell, wenn ich dann dort wäre, er für ein kleines Treffen Zeit hätte, um über die Bahn etwas zu plaudern. Leider musste er mir absagen, da er am geplanten Tag meines Eintreffens bei der Bahn in Novo Mesto in Lubjanja sein musste, um dort die Slowenische Radrundfahrt 2018 zu promoten. Außerdem teilte er mir mit, dass ich die Bahn sowieso nicht befahren könne, da diese zur Zeit umgebaut, mit neuem Belag ausgestattet und überdacht wird. Kurz kam ich deswegen ins Grübeln, ob ich jetzt wirklich fahren und nicht vielleicht einfach wo anders hinfahren sollte, zum Beispiel zur Bahn ins Tschechische Brno? Die Wettervorhersagen nach Slowenien waren nicht die besten, die nach Tschechien aber auch nicht!


Am Montag den 14. Mai um sieben Uhr morgens nahm ich den Weg nach Novo Mesto in Angriff. Ich stieg auf und fuhr. Angepeiltes erstes Ziel war die 170 Km entfernte Stadt Trofaiach in der Steiermark. Der erste Teil der Strecke bis nach Steyr war mir gut bekannt. In Steyr versorgte ich mich dann erstmal mit etwas Reiseproviant, da ich genau diesen aus unerdenklichen Gründen in meinen Vorbereitungen vergessen hatte. Weiter ging es über den Ennstalradweg, der teilweise schöne Streckenabschnitte aufweist, bis rein nach Hieflau. Bis dorthin war das Wetter gnädig! Schön langsam begann es zu regnen und in Eisenerz umhüllten tiefhängende Regenwolken mich und den Erzberg. Ich rief meinen Freund in Trofaiach an, dass er noch mit mir rechnen könne und ob wir uns abends gemeinsam ein Bierchen gönnen würden? Er lud mich zu ihm und seiner Frau nachhause ein und mir blieb dankenswerterweise die Checkerei für eine Unterkunft erspart. Ich mühte mich über den Präbichl am Erzberg vorbei und jagte danach im strömenden Regen runter bis nach Trofaiach.

Wer mich bei meiner Tour unterstützen möchte, kann dies via meines paypal-moneypools @ride53-2018 eintakten: https://paypal.me/pools/c/811OU4EyXz

So sieht im Moment mein Tour-Jersey aus, also ein wenig Platz für Sponsoren gäb's noch!