Donnerstag, 30. August 2018

Aberaeron

 ist wahrlich schön, ein kleiner Urlaubsort an der Westküste von Wales. Kids fischen Krabben und springen von der Mole ins kalte Wasser.
Hier kam ich wieder zu Kräften, obwohl ich nach den über 2600 Kilometern doch geringfügig körperliche Beeinträchtigungen wahrnehmen musste. Die 180 Km vom Vortag waren nicht ohne, und ich neige bei langen Fahrten dazu, dass mir ab und an die Finger einschlafen. Ein wenig ausschütteln und es geht schon wieder, so geh ich es an. Aber heute, bei meinem stay in Aberaeron, wo ich etwas zum Wäschewaschen kam und mir auch mal wieder die Fingernägel kürzen wollte, gelang es mir nicht mit der linken Hand die Nägel der rechten zu schneiden. Ich konnte einfach nichtmehr mit der Linken die Kraft dazu aufbringen. Kurze Verzweiflung kam auf, was denn noch alles! Ich ging in den Ort, um eventuell einen Laden für Maniküre zu finden. Sorry, only women, sagte man mir bei Flawless Beauty & Make-up. OK, dachte ich mir, dann versuche ich es eben morgen in Carmarthen. Aber es ließ mir keine Ruhe, sodass ich mit mir eine Wette abschloss. Bevor die Flut das Hafenbecken erreicht, will ich meine Nägel perfekt haben!-) Nach einem kleinen Mittagsschläfchen ging ich es an. Ich entwickelte für mich eine eigene Technik, mit welcher es mir gelang! Wie, wird in Zukunft in den Patentbüchern zu lesen sein.

Ah, und bis in die Siebziger gab es hier eine Radbahn, erzählte mir ein netter Kellner vom Harbourmaster Hotel.

Die Fahrt von Aberaeron nach Carmarthen widme ich Plattenjoe.


Mittwoch, 29. August 2018

Are you riding far?

fragte mich die Dame vom Frühstücks-Service im Fountain Inn in Tenbury Wells. I want to reach the West Coast, antwortete ich. Then, good luck!, wünschte sie mir, drückte den Telefonhörer wieder zwischen Kinn und Schulter, und ich schon draußen bei der Tür. Ich wusste, es wird nicht allzu einfach werden, aber 1. hatte ich schon in Aberearon gebucht und 2. hab ich es mir fix vorgenommen. So wurden es heute 180 Kilometer, wobei ich die 2600 Km überschritt und nun am westlichsten Punkt meiner Reise angekommen bin.

So ein Vorhaben, wie der Tag heute, lässt nicht viel an Kommunikation mit anderen Menschen zu. Man ist einfach fokussiert und pedaliert.

Dafür kam ich in traumhafte Gegenden! Vergesst, was ich bisher schrieb. Nach Tenbury kam ich bereits in weitgefächerte Schafweiden, wo ich aus dem Staunen, ob der einzigartigen Landschaft, nicht mehr rauskam. Aber zwischen Rhayader und Aberaeron war es gewaltig, unbeschreiblich. Das ist mit Fotos nicht zu beschreiben. Zwar hatte ich konstant Gegenwind, aber durch das ständige Klettern, kam ich doch auch ab und an in den Genuss natürlicher Windschatten.

Die letzten 30 Km zogen sich dann schon ein wenig, wollte ich doch endlich das Meer sehen. Um 18:50 eröffnete mir der Horizont den ersten Blick auf die glitzernde See. Da kommt man dann förmlich ins Fliegen, so schnell wie geht einfach ans Meer!

Und hier bleibe ich auch zur Feier des Erreichens des äußersten Punktes für einen Tag länger, bevor es nach Carmerthen weitergeht, wo mich eine der ältesten Bahnen der Welt erwartet!

Den morgigen Tag widme ich Jiri und Gabi.

Dienstag, 28. August 2018

Mr. Thombs

Am Morgen rausgetingelt aus Wolverhampton. Halesowen war das Ziel, und noch viel mehr. Zwischen W‘ton und Halesowen hat es sich verkehrstechnisch ordentlich abgespielt. Wie im Ruhrpot kam ich aus dem städtischen Gewirr nie richtig raus. In Halesowen wollte ich eigentlich die Radbahn besuchen, aber ich bin an einem Autobahnkreuz gescheitert, sprich es war mir einfach zu gefährlich, und die Zeit war mir dann auch zu schade, wusste ich nicht, wie lange ich mich mit diesem Verkehr auseinandersetzen hätte müssen. Ich wollte einfach raus auf‘s Land und ruhig fahren.

So entschloss ich mich den Weg Richtung Wales einzuschlagen, was mich zwar in ländliche Gebiete brachte, aber der Autoverkehr im Großraum Birmingham ist einfach immens. Ich kurbelte zuerst nach Kidderminster, wo ich in der Vorstadt in einem Park eine kurze Mittagspause einlegte. So mag ich es, dachte ich mir, ohne noch im Stadtzentrum gewesen zu sein. Ich fuhr weiter und erlebte Kidderminster im Megastau. Ich versuchte irgendwie elegant rauszukommen, aus der Stadt, als sich plötzlich das Garmin-Navi aufhängte und einen irre hohen Dauer-Piepston von sich gab. Ruhig bleiben, lautete meine Devise, obwohl einem hier schon einiges durch den Kopf geht, ist das Gerät kaputt, kann ich weiterfahren, muss ich abbrechen? Ich versuchte die verschiedensten Tastenkombinationen, um einerseits den nervenden Ton auszuschalten und natürlich das Gerät neu zu starten. Es gelang mir nicht! Ich suchte ein örtliches Fahrradgeschäft, wobei mich googlemaps mitten durch die Fußgängerzone schickte und die Leute mich anstarrten, weil noch immer dieser unerträgliche Ton lief. Beim vermeintlichen Fahrradgeschäft stellte sich heraus, dass es sich um eine NGO handelt, welche auch ein Fahrradprogramm für beeinträchtigte Menschen betreibt. Mir blieb nichts anderes übrig meinen technischen Support in Linz, Hrinkow Bikes, anzurufen. Innerhalb weniger Minuten konnten wir das Problem lösen. Hätte ich doch gleich angerufen!-)

Endlich konnte ich loslegen Richtung Westen, wobei der Verkehr nicht wirklich weniger wurde und die Strecke sehr anspruchsvoll war. Ein Kilometer bergauf, ein Kilometer bergab, ein Kilometer bergauf,... usw., und alles so zwischen 8 und 14%. Am Ende gab es noch einen langen Anstieg in einen Abschnitt der Shropshire Hills, wo die Schafherden frei auf der Straße rumlaufen und ich in den Genuss eines traumhaften Panoramas kam.

Knigthon und Wales schaffte ich nicht mehr. Ich landete im Normannendorf Tenbury Wells im Fountain Inn, wo der gute Geist Mr. Thombs, der 1958 bei einem Brand und dem Versuch seine beiden Hunde zu retten ums Leben kam, sein Unwesen treibt. Hoffentlich weckt er mich zeitig, um Wales zu erreichen.

Die nächsten Kilometer widme ich Rondine und Werner.


Midlands

Nach der eintägigen Pause am Sonntag in Stoke ging‘s weiter über Newcastle on the Lyme nach Wolverhampton. Nur eines noch kurz zu Stoke. Diese Stadt glänzt vor Tristesse. Gut, das Wetter spielte sicher auch eine gewisse Rolle, aber positive Attitudes waren kaum zu entdecken. Zumindest nicht für mich. Nur der quirlige Rezeptionist in meiner Unterkunft Crown & Anchor bemühte sich aus jedem Missstand noch einen Funken Happiness herauszuquetschen. Ich hoffe er hält durch!

Nach Newcastel on the Lyme war es nur ein Katzensprung. In 45 Minuten war ich beim Lyme Valley Stadium, der sportlichen Stätte der Newcastle Cycling Association und des Newcastle Town FC. Dort angekommen liefen die Vorbereitungen für das Bank Holiday Fussballmatch auf Hochtouren. Ein Mann kratzte durchnässte Grassflächen vom Feld und ein zweiter telefonierte nervös umher. Ich konnte kurz meine Tour-Story erzählen, erntete ein Amazing und dass heute nicht gecycelt wird, wegen des anstehenden Matches. Die Bahn hat eine ähnliche Geometrie, wie die in Göttingen und laut Aussagen der beiden Herren, ist der Club ziemlich umtriebig, sprich an Trainingstagen dürfte sich einiges abspielen auf der Bahn, obwohl sie mir doch etwas heruntergekommen schien. Aber immerhin, es gibt eine Bahn und es werden Angebote für Jugend und Hobby-Fahrerinnen geschaffen. Überhaupt, der Radsport dürfte einen ziemlichen Boom in England erleben, aufgrund der vielen Medaillen in den letzten Jahren von Frauen, wie Männern, auf der Bahn, wie auch auf der Straße. Und ich treffe auf meiner Reise auf viele Radsportgruppen, die mir entgegenkommen oder mich meistens überholen.

Ich radelte weiter nach Wolverhampton! Wieder schöne Abschnitte, teilweise unterbrochen von etwas stärker befahrenen Straßen. Wolverhampton ist umringt von Flüssen und Kanälen, die früher industriell genutzt wurden. Heute fahren darauf nur mehr touristische Boote, wie man es vielleicht aus den Niederlanden oder Irland kennt.

Die Radrennbahn gehört zu einem herausgeputzten Activity Center, welches sich die Radfahrer mit Hockey- und Netballteams, sowie einem Fitnessclub teilen. Der Wolverhampton Weelers Cycling Club besteht seit über 125 Jahren und brachte Größen, wie Hugh Porter und den noch aktiven Andy Tennant hervor. Die Bahn selber wenig spektakulär, aber der Verein ist stark und hat um die 500 Mitglieder!

Ich verbrachte dann meine Nacht bei der Pferderennbahn. Dort war auch kein Pferd zu sehen!-) Ich steckte beim Check-In die Magnetkarte zu meinem Telefon, sodass ich gleich nicht in mein Zimmer konnte, und ich wieder zur Rezeption musste, wo mich der Kerl hinter dem Empfangstisch mit „Naughty, naughty!“ rügte.

Der 28. August sollte mich über Halesowen bei Birmingham nach Wales bis Knighton reintragen, wobei ich diesen Tag Mr. Sombrero widme.

Sonntag, 26. August 2018

Ausflug mit Abdula

Gestern am 25. August, nach meiner Änderung des Tourplans, wollte ich mal eine richtige Genusstour radeln. Mein Weg wäre nicht allzu lange von Derby nach Stoke on Trent, so bestünde die Möglichkeit die Strecke über Ashbourne zu führen und dabei noch etwas den Peak District National Park zu streifen.

Also begann ich zu packen. Dabei fiel mir auf, dass dem Hinterreifen über Nacht die Luft ausging. Ich fand auch gleich den Übeltäter, einen Eisenspan der Mantel und Schlauch durchbohrte. Da alles relativ schmutzig war, begab ich mich mit der Felge in die Dusche um den Reifen zu wechseln. Den Mantel ersetzte ich auch gleich durch einen neuen, da nach 2200 Kilometern die Oberfläche schon flach abgefahren war.

Nach dem Auschecken vom Hotel fuhr ich erst mal ins Zentrum von Derby, um mir einen neuen Ersatzmantel zu besorgen und den hinteren Reifen ordentlich aufzupumpen. Beinlinge, sprich Leg Warmers nahm ich gleich dazu, weil es wird etwas kühler werden in den nächsten Tagen.

Am Vorabend nahm ich noch Justierungen am Navigationsgerät vor, um etwas besser gewappnet zu sein, was die Routenführung betraf. Ich tippselte als Zwischenziel Ashbourne ein und startete gegen 11 Uhr Richtung Stoke.

Fantastische Wege waren das Ergebnis,Temperatur und Wetter perfekt für einen herrlichen Radtag, überall in den Dörfern wurde Cricket gespielt.

Nach einer Stunde erreichte ich Ripley, eine kleine Stadt, welche mich ein wenig an die Serie Happy Valley erinnerte. Ich verspeiste dort einen Burger bei einer Marktbude und setzte danach gleich die Tour fort. Irgendwie kam mir der Sonnenstand im Vergleich zu meiner eingeschlagenen Richtung suspekt vor. Wenn ich richtig fuhr, so sollte mich die Sonne von links oder vorne, sprich aus Südwesten anlachen. Ich checkte nochmal die vorgeschlagene Route am Navi und bemerkte, dass mich dieses zwar schon nach Ashbourne führen wollte, aber über eine große Schleife nördlich der gedachten Route, und ich mich nurmehr 70 Meilen südlich von Manchester befand. Kein Problem, dachte ich mir, Zeit genug und noch nicht allzuweit weg von Stoke. Ich gab Hartington als neues Zwischenziel ein, und was war, ich kam bis nach Chesterfield! Noch nördlicher! Das war der Zeitpunkt, wo ich auf googlemaps umschwenkte, ich endlich die richtige Richtung einschlug und ich ab da an Mitten durch den Peak District fuhr. Herrlichste Passagen mitten durch‘s Niemandsland! Ich fand mich auch schon damit ab Stoke nicht mehr zu erreichen und hielt schön langsam Aussicht nach einem Quartier. Nur am Montag ist Bank-Holiday, ein Feiertag und natürlich waren alle Unterkünfte im National Park voll mit Wochenend-Touristen. Ich hantelte mich von einem Inn zum nächsten, ob noch was frei wäre. Sorry, we are full!, hörte ich durchgehend. Es blieb mir nurmehr einen größeren Ort anzusteuern und endlich erschien auf den Wegweisern Ashbourne, welches ich eiligst ansteuerte, denn ich fuhr schon mit Licht und kühler wurde es auch, nur der Vollmond half wie ein riesen Kristallluster es nicht ganz finster werden zu lassen. Aber auch in Ashbourne waren alle Unterkünfte ausgebucht!

Alles was blieb war ein Transporttaxi zu rufen, welches mich und mein Rad, nach Stoke bringen sollte. Da überall Feierlichkeiten waren wollte ich mich dem nächtlichen Autoverkehr nicht mehr aussetzten und die Akkus meiner Geräte waren sowieso beinahe am Ende. Ich rief aus einem Pub ein Taxi in Stoke an. Auf der anderen Seite hob Abdula ab. Ich erklärte ihm, dass ich ein Fahrrad mit dabei hätte. Er sagte kein Problem, und das er in 30 Minuten bei mir sein könne. So war es auch.

Wir hievten das Rad in seinen Kombi und fuhren los. Wir besprachen meine Situation und wie es dazu kam. Abdula fragte, ob ich denn den Leuten nicht erzählte, wie weit ich bereits gefahren sei, da müssten sie mir ja helfen. Gut, was sagt man? Ich bin seit zwei Wochen mit dem Fahrrad unterwegs und suche ein Zimmer. Es ist finster und kalt! Abdula, ursprünglich aus Kaschmir, seit Kindheit an in Stoke, organisierte während der Taxifahrt noch ein Zimmer für mich in Stoke. Gleich für zwei Nächte, da ich am So. den 26. einen Pausentag einletge, weil, wie prognostiziert, es wie aus Fässern regnete. Abdula bat mir an, mich bei der Quartiersuche in England zu unterstützen. Egal wo ich sei, könne ich mich bei ihm melden, und er wird mir helfen, was zu finden. Thx Abdula! Was für ein Gespann!

Den morgigen Tourtag widme ich meinem Verein Velodrom Linz.



Freitag, 24. August 2018

Sorry for the mess & liebe Grüße

Schweren Herzens zog ich vom Blue Cow Inn in South Witham weiter. In der Nacht regnete es, dementsprechend kühl war es dann auch beim Start Richtung Derby. Dazu kam, wie fast immer, starker Gegenwind. Entschädigt wurde ich aber durch die wunderbare Landschaft, die schönen Dörfer und die schmalen Straßen, die mich die ersten 60 Kilometer bis Loughborough begleiteten. Ab dann wurde es ungemütlicher. Das Navi trieb mich in einen riesen Autobahnknoten hinein, aus dem ich beinahe nicht mehr rauskam. Doch fand ich immer noch Wege, sodass ich gerade nicht auf die Autobahn musste. So trifftete ich immer weiter ins Schlamassel. Nachdem ich in der Hoffnung, endlich den richtigen Ausweg gefunden zu haben auf einem schmalen Pfad dahinhoppelte, stand plötzlich ein Schild vor mir, dass hier wegen Bauarbeiten seit Februar eine Totalsperre sei. Pfuh! Konnten die das nicht fünf Kilometer vorher anzeigen! Drei Optionen standen zu Wahl: Doch auf die Autobahn, zurück fahren und eine neue Variante suchen, oder durch die Baustelle? Ich entschied mich für letzteres. Ich stieg ab und schob das Rad durch den Regen aufgeweichten Baustellenmorast. Hinter der Absperrung keine Menschensseele. Dann doch ein Mann mit Helm und gelber Jacke. Er rauchte alleine auf einer Leitplanke sitzend und sagte: Sorry for the mess. Ich zuckte mit den Schultern, so als hätte ich kein Problem damit von oben bis unten voll Dreck zu sein. Immerhin, er hat sich nicht aufgeregt, weil ich ja einfach durch die Baustelle bin, ohne Erlaubnis. Ich versuchte den Schmutz abzuschütteln und den Lehm mit einem Holzstäbchen von den Schuhen runter  zu kratzen. Endlich ging es fahrend weiter! Kurz vor dem Ziel dann, der Derby Arena, empfing mich kalter Regenschauer, sodass das Rad und ich wieder einigermaßen sauber waren.

So maschierte ich in den Empfang, wo ich auf Ishmael traf, und erkundigte mich nach Mischa und dass ich 2200 Kilometer hergeradelt wäre. Mischa war meine Kontaktperson, sprich wir hatten E-Mail-Kontakt, und er schrieb, dass er sich freue, wenn ich sie am 24. August um 15 Uhr besuchen käme. Es war auch 15 Uhr. Nur, Mischa war auf Urlaub und sonst wusste niemand darüber Bescheid! Trotzdem war man so nett, und ließ mich zur Bahn, um mich umzusehen. Befahren der Bahn war nicht möglich, da zu dieser Zeit kein Betrieb auf der Bahn lief. Also inspektierte ich alles soweit wie möglich, ging zum Schalter mein Rad abzuholen und ließ Mischa schön grüßen.

Eigentlich wollte ich noch ein Stück Richtung Mansfield fahren, als starker, kalter Wind aufkam. Ich entschied mich dann doch gleich in Derby zu bleiben und morgen die Reise fortzusetzen, wobei ich mich aufgrund der Wettervorhersage für die nächsten Tage entschloss, die Strecke zu ändern. Ich werde den Norden keinen Besuch abstatten, sondern mich über Stoke, Wolverhampton und Birmingham schön langsam Wales nähern. Dort wartet man schon auf mich!

Den 18. Tourtag widme ich meinem Linzer Cousin Karlheinz, wie sonst, Staudinger.



Donnerstag, 23. August 2018

tigertiger

Heute Morgen, die Augen noch nicht ganz auf gekriegt, tat ich den ersten Blick auf die Kommentare in meinem Blog. Mein Schwiegervater wünschte mir weiterhin eine tolle Fahrt und dass das Wetter hält. Mein zweiter Blick richtete sich zum Fenster, es regnete. OK, kein Problem, lass dir Zeit, dachte ich mir. Bist ja gut ausgestattet. Erst mal frühstücken am Buffet des Youth Hostels.

Diesen durchorganisierten Jugendherbergen kann ich nichts abgewinnen. Permanent wird gelächelt, alle sind wir Freunde, für jeden Handgriff braucht man einen Bon, und am Ende hat man ein Feeling als wär man total über den Tisch gezogen worden.

Ich warf mich in die Regenpanier und fuhr in the Capital of Cycling mit Studenten und Professoren auf den gut ausgebauten Radwegen um die Wette. Endlich draußen aus Cambridge hatte es auch mit dem Regen ein Ende. Kalt blieb es trotzdem. Überhaupt, die Fahrt war die ersten 75 Kilometer nicht sehr aufregend. Mega Traffic bis Peterboro‘!

Dann aber wieder England von seiner schönsten Seite. In Stamford dürften nur Reiche wohnen. Auf den engen Landstraßen, zwischen Pferdehöfen, wurde ich nur von alten, gepflegten Jaguars, Alfas, etc. sanft überholt. Dort bin ich erst richtig ins Rennradeln gekommen. Vorher war einfach nur Stress.

Durch mein Trödeln in Cambridge lief mir die Zeit davon. Ziel wäre Leicester gewesen, aber in South Witham, einem kleinen Dorf und 110 Kilometern, kam ich am Blue Cow Inn vorbei. Am Schild stand Brewery and B&B. Ein halbes Pint könnte ich riskieren, und sollte ich bleiben können, so wäre es nach Derby am nächsten Tag nicht allzu weit.

Es wirkte beim Hineinschreiten sympathisch. An der Theke erkundigte ich mich nach dem Selbstgebrauten, was es aber leider schon lange nicht mehr gibt. Ich nahm ein Amstel und blieb am Tresen stehen. Die anderen Gäste ignorierten mich und sprachen leise miteinander. So stieg ich raus in den Gastgarten und nahm dort Platz. Am nächsten Tisch saß ein junger Mann, der sein Smartphone-Kabel begutäugte. Er erzählte gleich, dass es kaputt sei, es ihm nicht gelingt zu reparieren, und er die nächsten Tage von der Welt angeschnitten sei. Ich ergänzte, es müsse wie in der Wüste sein und bot ihm an, mein Kabel zum Laden zu verwenden. Er hatte aber leider einen alten Stecker. Wie auch immer, mir war der Kerl symphatisch und ich dachte, dass der Abend interessant werden könne. Ich fragte dann auch gleich den Betreiber, ob noch ein Zimmer frei sei, was mir dieser auch bestätigte. Ich sagte zu, freute mich auf den spannenden Abend, und mein Anker, der mit dem Kabel, stand auf und verabschiedete sich. Wtf! So blieb ich alleine im Gastgarten sitzen. Aber, ein Mitarbeiter des Blue Cow Inn kam zu mir, nahm meine Daten auf, verstaute mit mir dann das Rad und begleitete mich auf‘s Zimmer. Ich erkundigte mich, ob es hier Wifi gäbe. Er meinte ja und sagte, dass das Passwort tigertiger laute. Oh, wie dass?, fragte ich. Das sei eine lange Geschichte, antwortete er mir mit verschmitztem Lächeln.

Den Ritt nach Derby widme ich Andreas Baumgartner.


Mittwoch, 22. August 2018

Physical 

Heute um 7 Uhr als letzter von der Fähre in Harwich gerollt. Ich brauch halt immer etwas länger. Hab aber am Schiff noch einer betagten Dame geholfen ihre Reisegruppe zu finden. Dann war Konzentration angesagt, musste ich mich doch auf die neue Aufgabe den Verkehr betreffend erst einstellen. Ich war schnell drinnen im Linksverkehr, auch die Kreisverkehre hatte ich schnell intus. Schauen wir, wie‘s morgen ausschaut!-)

Grundsätzlich bin ich jetzt am Weg nach Derby, wobei ich mir den Anfang in England vom Plan her sachte einteilte. Ich ließ mich mehr treiben als ein konkretes Ziel anzuvisieren. Ich versuchte mit dem Navigationsgerät mal kürzere, mal längere Segmente auszutesten. So führte mich mein Weg über Colchester nach Shalford und weiter bis Balsham durch das landschaftlich grandiose Essex. Die Tour war wirklich traumhaft. Sanfte Hügel wechselten sich mit kurzen Stichen ab, denen spritzige Abfahrten folgten. Es war so gut, dass ich wünschte, möge es bitte nicht enden. Eine schwere Empfehlung meinerseits! Vielleicht freut es jemanden später wieder mit mir dort hinzufahren?!

Balsham hatte ich rein zufällig ausgewählt, weil ich mich anfangs nicht mit dem Navi nach Cambridge leiten lassen wollte, und auch noch nicht wusste, ob die Körner bist dort hin reichten. Balsham ist ein kleines Dorf noch in den Hügeln, Cambridge ca. 15 Km vorgelagert. Ich hielt beim Pub in der Mitte des Ortes und beschloss mir dort ein Bier zur Feier des Tages zu gönnen. Das Rad lehnte ich draußen an und so klackerte ich mit den Rennradschuhen ins The Bell. Drinnen lehnte die Barkeeperin gelangweilt an der Theke, ein Gast saß im Rollstuhl und starrte in den Fernseher, wo ein Fußballspiel übertragen wurde. Ein weiterer Gast mit Baseball-Cap trank spanisches Bier. Ich fragte, welches Bier sie mir empfehlen würden, nachdem ich den Weg von Harwich bereits hinter mich brachte? It depends, meinte Scott, der mit der Kappe, wie weit ich noch fahren möchte? Wir kamen ein wenig über meine Tour ins Plaudern, bestellte mir was Dänisches und setzte mich wieder nach draußen. Wenige Minuten später kam auch Scott heraus zu mir und fragte, ob ich irgendetwas für‘s Rad brauchen würde, er sei selber Rennradfahrer und weiß, dass man ab und zu Hilfe benötigt. Ich meinte, dass dem Renner eventuell etwas mehr Druck in den Reifen und etwas Öl auf der Kette gut tun würde. Scott fragte mich noch kurz, ob ich etwas Zeit hätte, denn er wohne gleich um‘s Eck und er hätte die Sachen zuhause. Eine viertel Stunde später waren die Reifen wieder auf 7,5 bar und die Kette surrte wieder wie neu, und dazu schenkte mir Scott noch ein paar Riegel, die würde ich brauchen, sagte er. Ich bedankte mich und rief Scott hinterher, dass ich ihm etwas schulde. Ich schulde ihm nichts, entgegnete er. Ich packte noch meine Sachen zusammen und eilte kurz ins Pub, wo ich das erste mal in meinem Leben auf Englisch flüsterte. Ich flüsterte der Kellnerin, dass ich Scott ein Bier bezahle, gab ihr das Geld dafür, und sie gab mir den Rest heimlich nickend zurück. Unterdessen sind drei weitere Kerle im Pub aufgetaucht. Ich fragte sie, ob sie einen Tipp hätten für ein B&B in der Nähe von Cambridge. Einer dachte kurz nach, ein anderer holte die Straßenkarte von Essex aus dem Auto, der dritte sprach mit mir über meine Tour. Schließlich kam man zur einhelligen Meinung, ich solle ins Youth Hostel ins Zentrum von Cambridge, zeigte mir den Weg auf der Karte, und bat mich, sollte ich irgendwann wieder vorbeikommen, sie nicht zu vergessen, in Balsham. Nun bin ich hier in Cambridge, in der Stadt von Olivia Newton-John, wo sogar das Rad ein eigenes Zimmer bekam.

Den morgigen Tag widme ich den junggebliebenen Sportskanonen Georg und Hans.


Dienstag, 21. August 2018

14 Tage

sitze ich nun ununterbrochen auf dem Rad und traf mich immer mit interessanten Menschen! Es geht ganz gut. Überraschend gut! Ich hab zwar im Vorfeld trainiert, aber zwei Wochen am Stück ist auch für mich neu! Ich versuche mich halbwegs normal zu ernähren und zumindest sechs Stunden zu schlafen. Schau ma wie‘s weitergeht!

Um halb Neun verließ ich das schöne Bed&Breakfast in Lierop. 160 Kilometer standen am Tagesprogramm nach Rotterdam zur Fähre. Was bei dem flachen Gelände grundsätzlich kein Problem darstellen sollte, aber wenn ab Kilometer 80 die elektronischen Navigationsgeräte kurz davor sind sich auszuschalten, dann beginnt der Stress. Wollte ich ja den CheckIn bei der Fähre pünktlich erreichen. Ich half mir damit, dass ich bei etwaigen Imbiss-Buden fragte, ob ich meine devices aufladen dürfe. Nirgendswo ein Problem!

In den Niederlanden, dem Land der Kühe und Atommeiler, wird grundsätzlich auf den Radwegen gefahren. Es gibt sie auch überall, sogar sportliche Rennradgruppen fahren auf ihnen. Das Fahren darauf ist sicherlich sicher, aber trotzdem ist man permanent damit beschäftigt Kreuzungen groß im Fahrradkreisverkehr zu umrunden oder Knöpfchen für die Ampel zu drücken, was natürlich Zeit braucht und einiges an Mehrkilometern bringt.

Die letzten Abschnitte vor dem Fährhafen waren hart. Permanent musste ich durch industrielle Hafengebiete und lange, gerade Strecken auf irgendwelchen Landzungen, die, wie es schien, schon weit bis in die offene See reichten, ohne noch ein Ziel zu erkennen. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich mich auf dem richtigen Weg befand.

Aber wie durch ein Wunder behielten die Navis recht und ich landete direkt beim CheckIn bei der Fähre. Ein Stuart meinte, dass der Einlass gleich beginnt und ich mich in Row 5 anstellen solle. So stand ich alleine mit dem Fahrrad zwischen Motorrädern und Autos und wartete. Bis ich dann am Schiff war, vergingen an die zwei Stunden und ich wusste nicht mehr, wie ich stehen sollte, weil doch müde von dem ganzen Stopp and Go.

Für England und Wales werde ich ca. drei Wochen benötigen. Es wird sicher spannend! Ui, da fällt mir ein, ich muss ja noch die Fähre zurück buchen!

Den Start in England Richtung Peterborough widme ich Radsport EditHrinkow und Reinhard, die mir eine Maschine hingestellt haben, mit der ich bisher pannenfrei unterwegs war! 



„Das gelbe Trikot...

...sei dir sicher!“, rief mir ein junger Mann mit Bier und Zigarette in Leverkusen zu, als ich in einer Wohnstraße um die Ecke bog. Ich quittierte mit einem „Danke!“ und rollte weiter Richtung Köln. Was hat den wohl zu dieser Äußerung bewogen? Meine neongelben Handschuhe, meine gelben Socken? Lest er diesen Blog? Auf jeden Fall erntete ich in den letzten Tagen einige Titulierungen, wie in der Linzer Rundschau, im Westfalen-Blatt und im Göttinger Tageblatt.

Wie auch immer! Zuvor bescherte mir die Strecke über 150 Km von Münster bis Köln durchwachsenes. Der erste Teil war flach und stressig, weil ich durch den Ruhrpot fuhr, und es dort praktisch permanent durch nervöse Städte ging, also kein richtiges Rennradfahren möglich war. Aber ab dem Städtchen Werden wurde es dann richtig schön. Knackige Stufen wechselten sich mit fast schon almenartigen Hochplateaus.

Köln erreichte ich gegen 18 Uhr. Meine Gastgeberin Caro vom Radverein RTC DSD war selber noch mit dem Rad unterwegs, sodass wir uns beim Café Goldmund in Ehrenfeld verabredeten. Bei diesem netten Lokal blieben wir dann auch, nachdem ich bei Caro Quartier bezogen habe, denn wir trafen uns dort mit Renate Fränzi Franz. Fränzi ist ein wandelndes Velodrom-Lexikon, sie weiß alles über diesen Radrennsport und war auch Mitinitiatorin dafür, dass der Name Albert Richter zum Gedenken an ihn für die Kölner Radrennbahn verwendet wird. Bis spät in die Nacht plauderten wir bei Kölsch und Grauburgunder über  das wichtigste Thema der Welt, den Bahnrennsport.

Am nächsten Morgen, am Montag traf ich mich, bevor es Richtung Niederlande weiterging, nochmal mit Fränzi, aber bei der Radrennbahn. Ein klasses, halboffenes 250-Meter Oval! Dort trafen wir dann auch noch zufällig den ehemaligen Elitefahrer Patrick Lichan, der mit Degenkolb und Kittel groß wurde und mit ihnen Rennen bestritt und auch einiges zum Bahnfahren erzählen konnte. Fränzi zeigte mir dann noch eine alte 6-Tagerennenkabine, so wie sie früher eingesetzt wurden.

Dann musste ich aber los, wollte ich doch noch Eindhoven erreichen, was mir nicht ganz gelang. Dafür landete ich in Lierop kurz vor Eindhoven, wo ich mich in einem Fahrradgeschäft wegen einer Unterkunft erkundigte. Ich traf dort den Inhaber Heinz van der Schouw, der mit Wechselberger und Konsorten in Österreich Rennen bestritt, und der mir eine traumhafte Unterkunft empfahl.

Morgen geht es nach Rotterdam zur Fähre nach England. Wenn möglich besuche ich noch die Markthalle in Rotterdam, weil ein wenig Kultur muss auch sein, oder?

Den vorerst letzten Tag auf europäischen Festland widme ich Gerhard & Trixi. X


Montag, 20. August 2018

Update/Köln/Niederlande

Köln am So. erreicht. Schlafplatz gefunden. Netten Abend mit Caro und Fränzi verbracht. Mo. um 9:00 noch kurz zur Albert Richter Radrennbahn, dann geht’s auf in die Niederlande. Mehr hoffentlich heute Abend!

Den heutigen Trip widme ich Tom Mesic.


Samstag, 18. August 2018

Das Herz schlägt links

Am Freitag ging‘s weiter über 140 Kilometer nach Bielefeld. Gunnar stattete mich noch mit neongelben Radhandschuhen aus, denn die Gelpolsterung der alten war hinüber. So nahm ich als von weitem erkennbarer Kugelblitz das hügelige Land nordwestlich von Göttingen in Angriff! Schöne, sanfte Anstiege wechselten sich mit rasanten Abfahrten ab. Eine Gegend, welche zum Radfahren schwer zu empfehlen ist. Übrigens, solltet ihr auf Strava sein, lade ich dort, sofern ich eine halbwegs gute Internetverbindung habe, meine Tagesstrecken rauf. Zu finden bin ich auf Strava unter dem klingenden Namen Johannes Staudinger!-) Oder einfach mal mit diesem Link ausprobieren: Göttingen-Bielefeld-ride53

Nach 6 Stunden 40 Minuten reiner Fahrzeit traf ich auf der Radrennbahn in Bielefeld ein. Dort waren bereits einige Leute, weil sie Vorbereitungen für das am Samstag stattgefundene Steherrennen trafen. Ich wurde von den Vorstandsmitgliedern des Fördervereins Anette Fischer, Jan Scholten und Christian Dippel herzlich mit einem kleinen Bierchen empfangen. Gleich kamen wir ins Schwatzen, so dass wir fast vergaßen auf die Bahn zu gehen! Endlich beschritten wir durch den Tunnel die Bahn. Ein Juwel, ein Prunkstück ist dieses 333,33 Meter Oval! Es raubte mir beinahe den Atem, ob der Dimension und Steilheit der Kurven. Wir machten auch gleich den Test, ob ich mit dem vollbepackten Rennrad in der Kurve bleiben kann, ohne abzurutschen. Kein Problem, ich blieb drin kleben wie der tollste Sprinter!-) Wir schossen noch ein paar Bilder und zum Abschluss zeigte mir Christian Dippel, eine Schrittmacherlegende, noch die Garage mit den Motorrädern für die Steherrennen. Wir tranken noch ein gemeinsames Bierchen zum Fachsimpeln und umarmten uns abschließend zum Abschied. Bielefeld, ich behalte dich in meinem Herz!

Am Samstag kam ich schwer auf. Ich nahm auch kein Frühstück zu mir, um rechtzeitig wegzukommen, weil ich hatte den nächsten wichtigen Termin in Münster mit Ralf Schürmann! Es war eine flache 80 Kilometer Rollerei, nichts besonderes, aber Münster, das kann was! Speziell was den Radverkehr betrifft. Natürlich wird dort auch gestritten zwischen Auto- und Radfahrern, aber ich bin gut mitgerollt und mir hat’s getaugt. Das ist einfach pures Lebensgefühl und lässt eine Stadt so richtig pulsieren!

Um 14:30 holte mich Herr Schürmann vom Hotel ab und wir fuhren zum Aasee, um auf einer Terasse eines italienischen Restaurants zu plaudern und um zu essen. Nur nochmal zur Erklärung: die Schürmanns haben weltweit an die 150 Radrennbahnen und Velodrome gebaut, und Ralf führt in 3. Generation dieses Unternehmen. Wir sprachen über aktuelle und neue Projekte, über den Bahnsport an und für sich, und über die notwendigen Parameter, um eine Bahn zu bauen, zu betreiben und zu befahren. Volle vier Stunden diskutierten wir uns durch den Kosmos Velodrom! Zum Schluss knipsten wir noch ein gemeinsames Selfie und hoffen uns bald wieder zu sehen!

Die Sonntagsfahrt wird lange und soll mich über 150 Km nach Köln bringen, wo mich die Geschichte des Bahnfahrers Albert Richter, des vergessenen Weltmeisters erwartet.

Die Strecke Münster - Köln widme ich Elisa & Michi.



Freitag, 17. August 2018

Fidelio

Meine Güte waren die letzten beiden Tage schön! Obwohl, ein wenig müde bin ich jetzt schon. Immerhin habe ich bisher 1323 Km gekurbelt, ohne einen Tag zu pausieren.

Mittwoch morgens ging es los von Erfurt nach Göttingen. War es von Erfurt raus noch etwas zappelig dem Morgenverkehr zu entkommen, umso schöner wurde die Fahrt nachher. Endlich kamen abwechslungsreiche Abschnitte, ähnlich dem Mühlviertel! Sonst hat sich herausgestellt, dass ein Tag vom Ablauf, vom Feeling jedem anderen Tag in der Tour gleicht. Start in voller Euphorie mit mildem Wetter, mittags kommen immer Sonne und Wind raus, nachmittags geht’s nurmehr darum das Ziel zu erreichen.

Wie mit Gunnar von Pressedienst Fahrrad im Vorfeld ausgemacht läutete ich um 16 Uhr an seiner Haustür in Göttingen. Gunnar empfing mich herzlichst und es war, als würden wir uns schon ewig kennen. Wir hatten noch Zeit übrig, um auf die Bahn rüber zu fahren, so plauderten wir noch bei ihm im Büro über meine Tour und viele andere interessante Fahrradthemen. Dann kam Kai zu uns hinzu. Er managed die Testwerkstatt bei Gunnar und ist dreifacher Niedersächsischer Zeitfahrmeister! Die Jungs fragten mich, ob ich irgendwelches Material benötigen würde? Ich lehnte dankend ab, wobei Kai kurz meinen Steuersatz prüfte und meinte, Lieber Johannes, da gehen sich aber keine weiteren 4000 Kilometer aus! Wie ein Chirurg bat er Gunnar ihm das richtige Werkzeug zu reichen und Kai justierte mein Cockpit.

Alles super unkompliziert und zuvorkommend! Wir schwangen uns auf unsere Räder und fuhren zur Bahn. Keine fünf Minuten und wir waren da. Das 400 Meter Oval wurde vom Verein Tuspo-Weende engagiert revitalisiert. Eine Basis für deren starke Jugendarbeit, 260 Mitglieder zählt der Verein! Wir palaverten und fachsimpelten, fuhren Runden und machten Fotos. Dann die Überraschung! Eine ganze Abordnung von 25 Fahrerinnen des Vereins kam von einer Traingsfahrt auf der Straße, um mich zu begrüßen! Genial! Mir kamen fast die Tränen! Wir fuhren gemeinsam ein paar Runden und ich durfte über meine Tour berichten. Welch Anerkennung meines Projektes!

Anschließend bekam ich von Gunnar noch eine Rundfahrt durch Göttingen, wir gingen essen und ich bekam bei ihm und seiner netten Familie Quartier zur Übernachtung! Danke Gunnar & Uli, danke Tuspo-Weende!

Da gäbe es natürlich noch viel, viel mehr zu erzählen, aber ich bin sehr, sehr müde. Ich hoffe morgen, da sollte etwas mehr Zeit sein, über den Besuch in Bielefeld berichten zu können!

Den morgigen Ride nach Münster widme ich Rolf.


Donnerstag, 16. August 2018

Update

Heute war Göttingen am Programm! Morgen geht’s 140 Km nach Bielefeld. Ausführlicher werde ich morgen, spätestens am Samstag berichten!

Die Fahrt nach Bielefeld widme ich Alex aus Frisco!


Mittwoch, 15. August 2018

Pflügen, pflügen, pflügen

Beim Auschecken im Hotel in Leipzig traf ich Barbara aus dem Erzgebirge. Sie arbeitet dort im Frühstücksservice und verabschiedet die Gäste. Wir kamen ins plaudern über meine Tour, worauf sie mir von ihren beiden älteren Kindern erzählte, die sicher auch von meiner Tour begeistert wären. Waren sie doch beide vor der Wende als Radsportler aktiv und das ganze Familienleben richtete sich nach deren Trainingsplan. Dreimal die Woche Training, am Wochende Rennen bestreiten. Aber nach der Wende, da war Schluss. Es gab keine Trainer und keine Infrastruktur mehr. Alles was noch an diese Zeit erinnert, sind die Rennräder der Kinder in Barbaras Keller. Ich erinnerte mich, dass ich nunmehr seit einer Woche am Rad sitze und letzten Mittwoch vom Linzer Hauptplatz gestartet bin. Wir sparten uns extra eine Flasche Sekt zu köpfen. Barbara und ich machten ein gemeinsames Selfie, ich schickte ihr es noch schnell über WhatsApp und entschwand im Wiegetritt die Stadt hinaus.

Gut fühlte ich mich! Die letzten Treffen waren wahre Bereicherungen! Den Kopf voller Glücksgefühle pflügte ich durch‘s Land. Nach ungefähr 20 Kilometer rollte ich an einem kleinen Laden vorbei, Weßely‘s Lebensmittel. Ich traute meinen Augen nicht, bremste und fuhr vor den Laden. „OMAS BRÜH-GURKEN“ stand auf einer Kreidetafel. Das fand ich spannend, weil ich mir darunter nichts vorstellen konnte. Ich öffnete die Tür und sah Hrn. Weßely in blauen Schurz alleine im Laden an der Kassa sitzen. Von dort dirigierte er mich von Regal zu Regal, damit ich meinen Proviant zusammensammeln konnte. Wir kamen ins Scherzen über Red Bull, über mich und meine Tour, ich zahlte, griff zum Türknauf, wo mir noch einfiel, warum ich eigentlich in diesem Geschäft war. Ich drehte mich nochmal wie Inspektor Columbo zu Hrn. Weßely zurück und sagte: Eine Frage hätte ich noch. Was sind Brühgurken? Er sprang auf, ging zur Wursttheke, erzählte ein Rezept, angelte mit einer Gurkenzange eine saftige Gurke (Anm. eine Salzgurke) aus einem Eimer und reichte sie mir. Ich nahm diese und biss knackig ab. Er meinte, diese solle mir für die nächsten 20 Km Kraft geben. Ich sagte, sie werde mich bis nach Erfurt bringen und er solle doch eine Marke damit machen und einen Fußballclub betreiben. Beide lachten wir lauthals und ich verabschiedete mich dankend. Mir war der Spaß mit Hrn. Weßely sicherlich im Gesicht anzusehen, wobei mir beim Wegschieben des Rades auf die Straße meine Radbrille zu Boden fiel und brach. Oh, shit! Was soll‘s! Ich steckte das kaputte Teil auf meine Nase und fuhr weiter.

Endlich wurden die kleinen Städtchen lebhafter und seit langem kam ich in den Weinbergen rundum Naumburg wieder in den Genuss kleiner Kraxlereien.

Hinter den Weinbergen kam wieder starker Wind auf. Ein Segen für die Windräder, ein Fluch für mich.

So kämpfte ich mich zur Radrennbahn nach Erfurt, der ältesten der Welt. Empfangen wurde ich von Christin, die mit mir zur Bahn ging, wo gerade die Pros, darunter Pauline Grabosch, trainierten. Somit war für mich kein Befahren möglich! Ich deutete noch an, dass ein Foto mit Pauline klasse wär, aber Christin entgegnete, dass dies den Sportlerinnen sicher nicht gefallen würde. So blieb es diesmal nur bei der Beschau. Dafür bekam ich von Christin eine neue Rennradbrille aus dem Fundus liegengebliebener Sachen!

Neu bebrillt geht’s morgen nach Göttingen, wobei ich diese Strecke Gerd und Gunda widme.




Dienstag, 14. August 2018

Vor Leipzig - Nach Leipzig

Eine kühles Lüftchen streifte meine Nase als ich heute Morgen meinen Renner vor dem Hotel bepackte. Ich schwang mich in den Sattel bog um‘s Eck und dachte gleich wieder absteigen zu müssen, so stark schlug mir der Gegenwind aus dem Westen entgegen.

Der Kampf begann! Mühevoll stemmte ich mich dagegen, Tritt für Tritt. Auch wenn es nach Leipzig nurmehr 80 Kilometer waren, diese waren nicht ohne. Ich lenkte mich damit ab, Schwachsinn zu singen, um so die Strapazen zu übertünchen. Singen und Pfeifen vertreiben ja angeblich jegliche Ängste!

Was ich während der ganzen Reise noch nie unternahm, war eine richtige Pause einzulegen, um Kaffee und Kuchen zu mir zu nehmen. Auf halber Strecke, in Wurzen, beschloss ich dies zu tun. Gesagt, getan! Von Weitem waren die historischen Türme dieser kleinen Stadt bereits zu erkennen. Ich malte mir einen netten Stadtplatz mit vielen Cafés aus. Es war dann auch ganz nett, weil zum Glück ein italienisches Restaurant am Stadtplatz sowas wie einen Gastgarten betreibt, und ich mir dort Cappuccino und hausgemachtes Tiramisu als Belohnung gönnte. Aber Einheimisches gab es nicht. Irgendwie haben sie es in diesen ostdeutschen Städchen noch nicht ganz heraußen, mit dem Lebensgefühl, wie ich es mir vorstelle!

Um 12 Uhr passierte ich die Leipziger Stadtgrenze. Ich war in einer anderen Welt angekommen. Großstädtisch und brummend, mit einem guten Radwegenetz. Vom Feeling her, wähnte ich mich fälschlicherweise ab und an, als wär ich in Berlin.

Ich steuerte direkt die Radrennbahn von Leipzig an. Interessante Stadtteile säumten meinen Weg dorthin. Dort angekommen wurde ich gleich von Offiziellen begrüßt. Unter ihnen auch die Radsport-Legende Wolfgang Schoppe, mit dem ich dann auch die weiteren Stunden auf der Bahn verbrachte. Wolfgang unterrichtete mich über Geschichte und Betrieb dieser schönen 400 Meter Bahn und über Geschichten im Schatten der SED. Ich hätte tagelang mit ihm verbringen können! Hier sei bereits festzuhalten, wie unterschiedlich, im Zusammenhang von Geschichte, Kultur, Menschen und Architektur, die verschiedenen Radbahnen ticken. Breslau und Leipzig sind sowas von unterschiedlich, keine Ahnung, wie ich all die folgenden Bahnen mitreinpacken kann!

Beglückt über das neu gewonnene Wissen musste ich mich um eine Unterkunft kümmern. Die Jungs von der Bahn schickten mich zum Leipziger Behindertensportverband gleich nehmen dem Getränkedosenfussballstadion, wo angeblich jemand für mich vorgesprochen hat. Robin, ein neuer Mitarbeiter beim Gehörlosensportverband, kümmerte sich über eine Stunde darum, um mir zu helfen und eine Unterkunft aufzutreiben. Leider wusste niemand Bescheid. So machte ich mich über Online-Plattformen schlau und wurde auch fündig. Schönstes Kopfsteinpflaster begleitete mich auf dem Weg zur Unterkunft. In Reuschel‘s Weineck bei Regine Weiß ließ ich bei Krautwickler mit Salzkartoffeln und Geschichten über ihre Familie den Abend ausklingen. Wie nett!

Morgen ist die Andreasried Radrennbahn in Erfurt am Plan, wobei ich diesen Tag dem „DDRler“ Andreas N. widme.


Montag, 13. August 2018

Das Hinterfenster in Riesa

Was soll ich sagen? Eigentlich wollte ich voller Selbstvertrauen den 6. Tag gleich nach Leipzig durchpreschen. Aber irgendwie lief‘s heute nicht nach Wunsch. Schon am Morgen vertrödelte ich Zeit, um noch kurz Görlitz anzusehen und meine Magnesiumvorräte in einer Apotheke aufzustocken. Dann holperte ich dazu noch durch Baustellen aus der Stadt raus. Nachdem ich endlich auf feinem Asphalt Fahrt aufnehmen wollte, bließ mir der erste Gegenwind entgegen, wobei heute auch die Sonne ihres dazu tat. Das Wetter-App zeigte mir kurz vor Mittag bei Bautzen 32 Grad an. Da hatte ich erst 42 Km hinter mir und 180 vor mir!

Der Wind wurde böiger, die Sonne blieb gnadenlos und neben dem Stress evtl. noch Leipzig zu erreichen, war ich in Gedanken immer in Sorge genügend Drink- und Essensproviant auf der Strecke besorgen zu können, was aber schlussendlich ganz gut gelang.

Lange, endlose Straßen durch unendliche Agrarflächen zermürbten mein sonst so sonniges Gemüt. Ich begann laut zu singen, und wenn mich ein lebensmüder Autofahrer allzu knapp überholte, so bekam er und der Horizont das A-Wort von mir nachgeworfen.

Nach Meissen donnerte ich wie ein Elefant in einen Porzellanladen. Ich überfuhr die Elbe, und ab diesem Augenblick musste ich 30 Km mit einer massiven Sturmfront kämpfen. Sand in die Augen bekommen, mit dem Rad in den Wind gelehnt, teilweise im Flachen nicht schneller als 14 Km/h! Mit schlechtem Gewissen entschloss ich mich in Riesa Quartier zu beziehen. In einem Radgeschäft erkundigte ich mich ob der Übernachtungsmöglichkeiten.

Zu hören bekam ich, was ich denn in Riesa wolle? Jeder fährt hier durch! Aber ich hatte einfach keine Lust mehr und ließ mir von den residents das Mercure Hotel empfehlen, weil die hätten, laut Regionalzeitung von letzter Woche, jetzt besondere Radfahrer-Angebote. Ich fuhr dorthin und fragte gleich wegen dieser! Die Rezeptionistin machte einen geheimnisvollen Blick auf eine Liste und sagte zögerlich, Ja. Wir wurden uns einig, ich und die Rezeptionistin, deren Freundlichkeit derer des Ausblicks aus meinem Zimmer gleicht.

Den morgigen Tag widme ich der Firm 2.

PS: Das Blogger-App dürfte einen Bug haben, und ich kann am Blog zur Zeit kein Foto mit hoch laden! Sorry!

Sonntag, 12. August 2018

Wroclaw/Breslau

Von Dzierzoniow bin ich gestern flach keine 70 Km nach Wroclaw zum Josef Werner Grundmann Velodrom gerollt. Ich war bereits um 13 Uhr dort, um gleich das Umfeld auszuchecken, wobei ich mit Adrian vereinbarte, uns erst ab 15 Uhr dort zu treffen. Bei der Bahn begrüßte mich ein bellender, Zähne fletschender Schäfer-Bernhardiner-Mischling. Das machte es mir umso leichter die übrige Zeit noch schnell in das acht Kilometer entfernte Stadtzentrum zu gurken, um ein Zimmer zu organisieren und die herrliche Skulptur Iglicia zu besuchen. Wroclaw ist traumhaft, nicht umsonst wird man am nördlichen Stadteingang mit einem „Willkommen in der Stadt der tausend Brücken“-Riesengraffiti begrüßt. Eine bebende 700.000 Einwohner-Stadt!

Nach drei Stunden war ich wieder zurück bei der Radrennbahn. Der Hund war weg und ich noch gar nicht richtig vom Touren-Renner abgestiegen, kam mir bereits Adrian entgegen, um mich zu begrüßen. Wir kamen gleich ins plaudern über die Situation und die Geschichte des seit 1929 bestehenden Velodroms. Eine 200 m Betonbahn aus der Kostruktionsfeder der Architekten-Dynastie Schürmann. Später kam noch Piotrek zu unserer Diskussion, ein begnadeter Bahnfahrer, so Adrian.

Nach unserer Fachsimpelei war es dann soweit! Adrian nahm mich mit rein auf die Bahn und stellte mir ein Hultaj-Bahnrad zur Verfügung. Ich montierte meine Pedale, warf mich auf das Fixie und drehte meine ersten Runden. Ein Traum! Genial, wie sich eine 200 m Bahn im Unterschied zu einer 250er verhält! Man muss es einfach mal ausprobiert haben!

Nach den ersten Runden blieb ich beim Zutrittstor stehen um mit dem alten Präsidenten des Vereins zu tratschen. - ein netter Kerl!

Was den Betrieb dieser Bah betrifft, muss man wissen, dass die Hoheit der alt eingesessene Fahrradclub Wroclaw inne hat. Die Stadt zahlt und die Jungs rundum Adrian und Rafal organisieren, dass sich einfach wieder was rührt, sprich es werden von ihnen offene Trainings und Rennen organisiert, wobei die Truppe im Schnitt um die 25 Jahre alt ist!!!

Wir trainierten gemeinsam noch bis 20 Uhr! Insgesamt drehte ich sicher meine 50 Runden, und ich schlussendlich dann doch wieder auf eine 100 Km Tagesdistanz kam.

Später traf sich die Gruppe rundum Rafal und Adrian noch mit mir in der Altstadt! Unsere Gespräche waren sehr ausführlich und anregend! Um Mitternacht kam ich noch in den Genuss einer persönlichen Stadtführung! Welch Tag!

Heute am Morgen holte mich Rafal ab, um mit mir von Wroclaw raus zu fahren, um mich ein Stück auf meine heutige 180 Km Strecke nach Görlitz zu begleiten. Adam kam noch dazu und wir quatschten was das Zeug hielt! Nach 30 Km machten sie wieder kehrt nach Breslau und ließen mich ziehen.

Thank you so much!

Morgen versuche ich die 200 Km nach Leipzig in einem Stück durchzuziehen. Sollte mir das Gelingen, so habe ich am Dienstag einen Tag frei!

Die heutige Tour widme ich den Klimmers, die morgige dem Jörg, der mich täglich auf meiner linken Schulter begleitet.