Donnerstag, 23. August 2018

tigertiger

Heute Morgen, die Augen noch nicht ganz auf gekriegt, tat ich den ersten Blick auf die Kommentare in meinem Blog. Mein Schwiegervater wünschte mir weiterhin eine tolle Fahrt und dass das Wetter hält. Mein zweiter Blick richtete sich zum Fenster, es regnete. OK, kein Problem, lass dir Zeit, dachte ich mir. Bist ja gut ausgestattet. Erst mal frühstücken am Buffet des Youth Hostels.

Diesen durchorganisierten Jugendherbergen kann ich nichts abgewinnen. Permanent wird gelächelt, alle sind wir Freunde, für jeden Handgriff braucht man einen Bon, und am Ende hat man ein Feeling als wär man total über den Tisch gezogen worden.

Ich warf mich in die Regenpanier und fuhr in the Capital of Cycling mit Studenten und Professoren auf den gut ausgebauten Radwegen um die Wette. Endlich draußen aus Cambridge hatte es auch mit dem Regen ein Ende. Kalt blieb es trotzdem. Überhaupt, die Fahrt war die ersten 75 Kilometer nicht sehr aufregend. Mega Traffic bis Peterboro‘!

Dann aber wieder England von seiner schönsten Seite. In Stamford dürften nur Reiche wohnen. Auf den engen Landstraßen, zwischen Pferdehöfen, wurde ich nur von alten, gepflegten Jaguars, Alfas, etc. sanft überholt. Dort bin ich erst richtig ins Rennradeln gekommen. Vorher war einfach nur Stress.

Durch mein Trödeln in Cambridge lief mir die Zeit davon. Ziel wäre Leicester gewesen, aber in South Witham, einem kleinen Dorf und 110 Kilometern, kam ich am Blue Cow Inn vorbei. Am Schild stand Brewery and B&B. Ein halbes Pint könnte ich riskieren, und sollte ich bleiben können, so wäre es nach Derby am nächsten Tag nicht allzu weit.

Es wirkte beim Hineinschreiten sympathisch. An der Theke erkundigte ich mich nach dem Selbstgebrauten, was es aber leider schon lange nicht mehr gibt. Ich nahm ein Amstel und blieb am Tresen stehen. Die anderen Gäste ignorierten mich und sprachen leise miteinander. So stieg ich raus in den Gastgarten und nahm dort Platz. Am nächsten Tisch saß ein junger Mann, der sein Smartphone-Kabel begutäugte. Er erzählte gleich, dass es kaputt sei, es ihm nicht gelingt zu reparieren, und er die nächsten Tage von der Welt angeschnitten sei. Ich ergänzte, es müsse wie in der Wüste sein und bot ihm an, mein Kabel zum Laden zu verwenden. Er hatte aber leider einen alten Stecker. Wie auch immer, mir war der Kerl symphatisch und ich dachte, dass der Abend interessant werden könne. Ich fragte dann auch gleich den Betreiber, ob noch ein Zimmer frei sei, was mir dieser auch bestätigte. Ich sagte zu, freute mich auf den spannenden Abend, und mein Anker, der mit dem Kabel, stand auf und verabschiedete sich. Wtf! So blieb ich alleine im Gastgarten sitzen. Aber, ein Mitarbeiter des Blue Cow Inn kam zu mir, nahm meine Daten auf, verstaute mit mir dann das Rad und begleitete mich auf‘s Zimmer. Ich erkundigte mich, ob es hier Wifi gäbe. Er meinte ja und sagte, dass das Passwort tigertiger laute. Oh, wie dass?, fragte ich. Das sei eine lange Geschichte, antwortete er mir mit verschmitztem Lächeln.

Den Ritt nach Derby widme ich Andreas Baumgartner.


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